Zwangsheirat
„Ja, ich will!“ Diese traditionelle Formel drückt ein wichtiges Merkmal einer Ehe aus: Beide Eheleute gehen sie freiwillig ein. Werden Braut, Bräutigam oder beide Eheleute zur Heirat gezwungen, dann spricht man von einer Zwangsheirat. In Deutschland ist sie verboten. Die meisten Opfer von Zwangsverheiratungen sind Frauen und Mädchen.
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Was ist eine Zwangsheirat?
Eine Zwangsheirat (auch: Zwangsverheiratung, Zwangsehe) liegt im umgangssprachlichen Sinne vor, wenn einer der Eheleute (oder beide)
- durch Gewalt oder Drohungen zur (religiösen oder standesamtlichen) Eheschließung gezwungen wird,
- eine Weigerung ausspricht, aber damit nicht beachtet wird oder
- sich nicht traut, die Eheschließung zu verweigern.
Zwangsverheiratung: juristische Definition
„Zwangsverheiratungen liegen dann vor, wenn mindestens einer der Eheleute durch die Ausübung von Gewalt oder durch die Drohung mit einem empfindlichen Übel zum Eingehen einer formellen oder informellen (also durch eine religiöse oder soziale Zeremonie geschlossenen) Ehe gezwungen wird und mit seiner Weigerung kein Gehör findet oder es nicht wagt, sich zu widersetzen."
(Quelle: Bundesfamilienministerium, Studie „Zwangsverheiratungen in Deutschland“, 2011)
„Ja, ich will!“ Eine Eheschließung ist in Deutschland nur zwischen volljährigen Menschen erlaubt, die sich freiwillig füreinander entscheiden.
Zwangsverheiratungen in Deutschland
Wie viele Menschen in Deutschland wurden gegen ihren Willen verheiratet? Fachleute gehen von einer sehr hohen Dunkelziffer bei Zwangsheiraten aus. In der Polizeilichen Kriminalstatistik sind nur die angezeigten Fälle erfasst.
Fälle von Zwangsheirat
Zehn Fälle von versuchter und vollendeter Zwangsheirat wurden im Jahr 2020 in Bayern angezeigt. Alle zehn Opfer waren weiblich. Vier Betroffene waren minderjährig und ein betroffenes Mädchen sogar jünger als 14. (Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik Bayern 2020
Warum werden Menschen zur Ehe gezwungen?
Meist sind es Angehörige, die ihre Kinder oder auch Enkel, Nichten und Neffen zur Heirat zwingen. Die Motive sind ganz unterschiedlich. Die Angehörigen wollen zum Beispiel
- finanzielle Vorteile erzielen (Beispiel: Brautgeld),
- die Tradition und Kultur des Herkunftslandes befolgen und bewahren,
- sicherstellen, dass ein Mädchen als Jungfrau (und deshalb möglichst früh) in die Ehe geht – oder auch
- die sexuelle Orientierung einer jungen Frau oder eines jungen Mannes (zum Beispiel Homosexualität) „korrigieren“.
Zwangsverheiratung ist strafbar
Zwangsverheiratungen sind in fast allen Ländern weltweit verboten. In Deutschland ist die Zwangsheirat strafbar (§ 237 StGB). Wer einen anderen Menschen (mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel) zur Heirat zwingt, muss grundsätzlich mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren rechnen.
Eine Heirat aus Liebe oder unter Zwang? Das ist nicht immer eindeutig. Oft schweigen die Opfer – zum Beispiel aus Angst, aus der Familie verstoßen zu werden.
Zwangsheirat und arrangierte Ehe
Bei einer arrangierten Ehe suchen die Eltern oder Verwandte die Eheleute füreinander aus. Teilweise übernehmen auch Ehevermittlerinnen oder Ehevermittler diese Aufgabe. Der Unterschied zur Zwangsheirat: Die arrangierte Ehe schließen Frau und Mann freiwillig. Arrangierte Ehen sind in vielen Ländern und Kulturen verbreitet. Auch in Deutschland waren sie früher oft üblich. Die Abgrenzung zwischen arrangierter Ehe und Zwangsheirat ist allerdings nicht immer eindeutig.
Arrangierte Ehe = freiwillig.
Zwangsheirat = unfreiwillig.
Zwangsheirat und Kinderehe
Bei einer Kinderehe (auch: Frühehe) sind ein oder beide Ehepartner unter 18 Jahre alt. Die Kinderehe gilt als Zwangsheirat, wenn nicht beide Brautleute frei und uneingeschränkt zustimmen. In jedem Fall verstößt die Kinderehe gegen die Kinderrechte. Nach Schätzung von UNICEF werden jährlich weltweit rund 12 Millionen Mädchen verheiratet – nicht selten mit wesentlich älteren Männern. In mehreren stark betroffenen Ländern sinkt die Zahl der Kinderehen allmählich. Doch sie ist noch immer auf einem hohen Stand: In Äthiopien werden 4 von 10 Mädchen vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet, in Indien fast 3 von 10.
(Mehr erfahren: Infos zur Kinderehe von UNICEF)
Deutschland: Gesetz gegen Kinderehen
In Deutschland dürfen seit 2017 aufgrund des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen nur noch Volljährige eine Ehe eingehen (§ 1303 BGB). War ein Ehepartner bei Eheschließung – auch im Ausland – noch nicht 16 Jahre alt, so ist die Ehe in Deutschland nichtig, das heißt, sie hat keine rechtlichen Wirkungen. War der Ehepartner bei Eheschließung bereits 16 Jahre, aber noch nicht 18 Jahre alt, so kann die Ehe durch ein Gericht aufgehoben werden.
Interministerielle Arbeitsgruppe Zwangsverheiratung
Mit dem Thema Zwangsverheiratung beschäftigen sich in Bayern die Staatsministerien für Familie, Arbeit und Soziales, für Unterricht und Kultus, des Innern, für Sport und Integration sowie der Justiz. Sie haben sich schon 2008 in einer Arbeitsgruppe vernetzt, um aktuelle Fragen zu besprechen und gemeinsame Lösungswege zu entwickeln.
Von Zwangsehen sind vor allem Mädchen und Frauen betroffen.
Drohende Zwangsheirat? Oder schon in einer Zwangsehe?
Links zu Beratungs- und Hilfeangeboten finden Sie unten in der HILFE-Box.
Sie möchten/können nicht alleine zu einer Beratungsstelle gehen? Suchen Sie sich Unterstützung. Ihre Familie will Sie verheiraten? Sprechen Sie eine außenstehende Person an, der Sie vertrauen. Zum Beispiel eine Lehrkraft oder die Vertrauenslehrkraft an Ihrer Schule, Ihre Ausbilderin oder Ihren Ausbilder, eine gute Freundin oder einen Freund.
ZWANGSHEIRAT: BERATUNG & HILFE
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Sie sollen gegen Ihren Willen verheiratet werden? Sie wollen sich aus einer Zwangsehe befreien? Hier finden Sie Beratung und Hilfe:
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Beratungsstellen und Schutzeinrichtungen
In Bayern gibt es mehrere Beratungsstellen und Wohnprojekte speziell für Mädchen und Frauen, die von Zwangsheirat bedroht oder betroffen sind.
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Jugendämter und Erziehungsberatungsstellen
Jugendliche, ob Mädchen oder Jungen, finden Hilfe bei den örtlichen Jugendämtern und Erziehungsberatungsstellen.
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Beauftragte der Polizei
Die Beauftragten der Polizei für Kriminalitätsopfer (BPfK) in Bayern beraten und unterstützen.
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