Illustration: Spuren werden mithilfe eines Tupfers gesichert.

Spurensicherung – auch vertraulich

Gewalt am Körper eines Menschen hinterlässt oft sichtbare Verletzungen und immer Spuren. Betroffene sollten so schnell wie möglich Hilfe suchen: zur medizinischen Versorgung, zur Strafverfolgung, zur unterstützenden Beratung und zur Sicherung von Spuren am Körper.

Anzeige bei der Polizei oder vertrauliche Spurensicherung – Sie haben die Wahl!

Sie haben häusliche und/oder sexualisierte Gewalt erlebt und wollen die Spuren der Tat an Ihrem Körper sichern lassen? Sie haben zum einen die Möglichkeit, zur Polizei zu gehen. Diese hilft Ihnen, koordiniert das weitere Vorgehen und gewährleistet, dass alle notwendigen Spuren adäquat gesichert werden. Darüber hinaus kann die Polizei Sie durch Maßnahmen wie eine Gefährderansprache oder ein Kontaktverbot, wenn Sie dies wünschen, vor weiteren Taten schützen. Es können Ihnen auch Angebote des Opferschutzes sowie der polizeilichen und psychosozialen Beratungen gemacht werden. Sie werden mit dem Erlebten nicht allein gelassen! Selbstverständlich ist neben der Spurensicherung auch an eine medizinische Versorgung zu denken. Auch hierzu wird das Notwendige eingeleitet werden. 

Lesetipp: „Häusliche Gewalt: So können Polizei und Justiz helfen“

Der Entschluss, direkt nach dem Vorfall die Polizei einzuschalten, ist für Betroffene häufig nicht leicht. Für diese Fälle gibt es die vertrauliche Spurensicherung, weil Spuren sonst verloren gehen können und dann ggf. nicht mehr gerichtlich verwertbar sind. 

Schnelle Hilfe, die Sie bei Ihrer Entscheidung unterstützt, finden Sie bei einem Hilfetelefon, das Sie ggf. auch an Beratungsangebote oder Schutzeinrichtungen in Ihrer Nähe vermittelt, die Ihnen zur Seite stehen können.

Was ist eine Spurensicherung? 

Bei der Spurensicherung werden im Rahmen einer medizinischen Untersuchung äußerlich sichtbare Verletzungen und Spuren am Körper gerichtsverwertbar gesichert, dokumentiert und fachgerecht asserviert. 

Mehr erfahren: Was wird bei der Spurensicherung gemacht?

Warum ist eine Spurensicherung wichtig?

Die gesicherten Spuren können in einem zivil- oder strafrechtlichen Gerichtsprozess zur Aufklärung des Falles beitragen. 

Worauf sollte ich achten? 

Gehen Sie schnellstmöglich zur Spurensicherung. Je eher, desto besser! Wenn Sie zu lange zögern, können Spuren verloren gehen oder schwerer nachweisbar werden. Bitte waschen oder duschen Sie sich nicht. Sonst gehen wichtige Spuren verloren. Packen Sie ggf. Ihre Unterwäsche und Kleidung einzeln in (Papier-)Tüten. 

Wo kann ich mich hinwenden?

Bei schwerwiegenden Verletzungen wählen Sie bitte immer entweder den Notruf 110 oder den Rettungsdienst 112 oder suchen direkt eine Notaufnahme in einem Krankenhaus auf. Bitten Sie dort um eine Fotodokumentation der unbehandelten Verletzungen. Sie können sich auch im Nachgang an eine auf Spurensicherung spezialisierte Untersuchungsstelle wenden. Die Vorstellung dort ist auch noch nach erfolgter ärztlicher Versorgung sinnvoll. 

Liegen bei Ihnen keine schwerwiegenden Verletzungen vor, haben Sie folgende Möglichkeiten: Wenden Sie sich vertrauensvoll an die Polizei. Es werden dann mit Ihnen gemeinsam die weiteren Schritte besprochen (ärztliche Versorgung, Spurensicherung, Anzeigeerstattung etc.).

Die Alternative ist, sich ohne Einbeziehung der Polizei an eine auf Spurensicherung spezialisierte Untersuchungsstelle zu wenden. Das ist dann sinnvoll, wenn Sie aus persönlichen Gründen erst später entscheiden möchten, ob Sie bei der Polizei Anzeige erstatten. Mehr erfahren: Was ist vertrauliche Spurensicherung?

Benötigen Sie Unterstützung bei Ihrer Entscheidung, dann können Sie sich an folgende Hilfetelefone wenden:

Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“
116 016 (täglich rund um die Uhr). Beratung auch per E-Mail und Chat, in vielen Fremdsprachen, Leichter Sprache und Gebärdensprache.
www.hilfetelefon.de

Hilfetelefon „Gewalt an Männern“ 
0800 1239900
Beratung telefonisch und per E-Mail oder Chat. 
www.maennerhilfetelefon.de

Bayerisches Beratungstelefon für LSBTIQ 
0800 00 112 03
Beratung telefonisch, online oder vor Ort. 
www.strong-community.de

Die Fachkräfte hören Ihnen zu, helfen kompetent und verständnisvoll – auch anonym! Auch die Unterstützung eines Menschen Ihres Vertrauens kann hilfreich sein. 

Was tun bei Verdacht auf Gewalt gegen Kinder und Jugendliche?

Hier können Sie sich an die Bayerische Kinderschutzambulanz am Institut für Rechtsmedizin der LMU München wenden. Sie ist hierfür das landesweite Kompetenzzentrum. Zu ihren Aufgaben gehört die Untersuchung von Kindern und Jugendlichen bei Verdacht auf körperliche oder sexuelle Gewalt. Sie dokumentiert Verletzungen und sichert auf Wunsch der Personensorgeberechtigten Beweismittel und Spuren und bewahrt diese auf. 

Mehr erfahren: zum Webauftritt der Kinderschutzambulanz
Infos des Bayerischen Sozialministeriums zur Kinderschutzambulanz
Lesetipp: „Die Bayerische Kinderschutzambulanz"

Was ist vertrauliche Spurensicherung? 

Sie müssen sich nicht sofort entscheiden, ob Sie die Tat zur Anzeige bringen wollen oder nicht. Vertrauliche Spurensicherung bedeutet, dass die Spuren einer Gewalttat auch ohne den Gang zur Polizei gesichert werden können. Mit der vertraulichen Spurensicherung verschaffen Sie sich Zeit, wenn das in Ihrer konkreten Situation für Sie wichtig ist.

Bei einer vertraulichen Spurensicherung werden nur die Spuren an Ihnen gesichert! Oft kann es aber für ein späteres Zivil- oder Strafverfahren wichtig sein, auch zeitnah die Spuren am Täter oder an der Täterin zu sichern. Dies erfolgt nur, wenn Sie sich nach der Tat an die Polizei wenden. 

Eine vertrauliche Spurensicherung ist grundsätzlich freiwillig, für die betroffene Person kostenlos und wird immer von Ärztinnen oder Ärzten durchgeführt. Diese unterliegen der Schweigepflicht.

Die Untersuchungsstelle fragt Sie zwar nach Ihrem Namen und Ihrer Adresse und ordnet diese Daten den gesicherten Spuren zu, doch sie gibt diese Daten und Unterlagen nur an die Polizei, Staatsanwaltschaft oder andere Stellen weiter, wenn Sie dies ausdrücklich wünschen. Auch bei Verdacht auf eine Straftat (wie zum Beispiel eine Vergewaltigung) wird im Rahmen der vertraulichen Spurensicherung die Polizei nicht automatisch informiert. Eine anonyme Spurensicherung (heißt: ohne Angabe des Namens) ist dagegen nicht möglich.
Die Kosten der vertraulichen Spurensicherung tragen die gesetzlichen Krankenkassen. Die Abrechnung ist anonymisiert. Das bedeutet: Die Krankenkassen erfahren nicht den Namen der Person oder andere persönliche Daten.

Eine Übersicht über Untersuchungsstellen in Bayern, die vertrauliche Spurensicherung durchführen, finden Sie hier

Warum ist vertrauliche Spurensicherung wichtig?

Wer Gewalt erlebt hat, befindet sich häufig in einer Ausnahmesituation. Alle Sinne sind jetzt darauf gerichtet, sich zu schützen und irgendwie mit der Angst, dem Ekel, der Scham, der Ohnmacht oder der Wut klarzukommen. Häufig fällt es schwer, über das Erlebte zu sprechen. Zur Polizei gehen und Anzeige erstatten, ja oder nein? Diese Frage ist unter Umständen nicht leicht zu beantworten. Für den Fall, dass Sie die Entscheidung erst später treffen können oder wollen, gibt es die vertrauliche Spurensicherung. 

Was wird bei der Spurensicherung gemacht?

Bei der Spurensicherung werden äußerlich sichtbare Verletzungen wie z. B. Blutergüsse oder Kratzspuren beschrieben, vermessen und fotografiert. Außerdem können zum Beispiel Abstriche oder (Blut- und Urin-)Proben genommen werden.

Was passiert mit den gesicherten Spuren?

Die gesicherten Spuren werden zwei Jahre beim Institut für Rechtsmedizin der Universität München oder der Universität Würzburg aufbewahrt. Sie können eine frühere Vernichtung der gesicherten Spuren, aber auch deren verlängerte Aufbewahrung verlangen. Im Falle Minderjähriger wird eine Aufbewahrung der gesicherten Spuren bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres angeboten. Untersucht werden die Spuren (z.B. DNA-Abstriche) erst, wenn Sie die Polizei einschalten. Wenn Sie sich an die Polizei wenden, stehen die Spuren für polizeiliche Ermittlungen zur Verfügung.

Infos für Ärztinnen und Ärzte

Auf der Website der Untersuchungsstelle für Opfer von häuslicher Gewalt am Institut für Rechtsmedizin der LMU München finden Sie weiterführende Informationen:

  • Anleitung zur Spurensicherung
  • Dokumentationsbogen: Untersuchung und Spurensicherung nach körperlicher/sexualisierter Gewalt
  • Antrag zur Spurenasservierung
  • Hinweise zum Versand von Spuren an das Institut für Rechtsmedizin München
  • Informationsblatt für Patientinnen

Zu den Infos der Untersuchungsstelle für Opfer häuslicher Gewalt

Informationen zur Erbringung der vertraulichen Spurensicherung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung, zu den hierfür seitens der Leistungserbringer zu erfüllenden Voraussetzungen sowie zum Abruf der für die vertrauliche Spurensicherung benötigten Spurensicherungskits erhalten Sie auf der Website des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention. Dort steht Ihnen auch eine Liste der bereits an der vertraulichen Spurensicherung in Bayern teilnehmenden Leistungserbringer zur Verfügung.

Die Rechtsmedizinischen Institute der Universitäten München und Würzburg bieten mit Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales in Bayern Schulungen zur vertraulichen Spurensicherung für medizinisches Fachpersonal an. 

Hier geht’s zum Fortbildungskalender der Bayerischen Landesärztekammer

Hier finden Sie einen Artikel aus dem Bayerischen Ärzteblatt

Informationen zum Thema in Leichter Sprache bzw. ein Video in Gebärdensprache finden Sie hier: 

Vertrauliche Spurensicherung nach sexualisierter Gewalt in Leichter Sprache (PDF)

Vertrauliche Spurensicherung in Mittelfranken: zum DGS-Video

Begleitung durch Beratungsstellen und Schutzeinrichtungen

Neben der Spurensicherung und der medizinischen Versorgung ist die psychosoziale Begleitung von gewaltbetroffenen Personen wichtig. Fragen zur Sicherheit, eigener Versorgung und Versorgung von Kindern, rechtlichen Aspekten sowie Fragen des Umgangs- und Sorgerechts von Kindern können besprochen werden. Auch ob die Gewalttat zur Anzeige gebracht wird, kann im Kontext begleitender Beratung ggf. in Ruhe abgewogen werden. 

Bereits das medizinische Personal wird nach der Untersuchung abklären, ob die Betroffenen mit einer Beratungsstelle oder Schutzeinrichtung in Verbindung treten möchten und entsprechende regionale Kontakte herstellen. 

Regionale Anlaufstellen können hier über den Hilfefinder gefunden werden.

Hier finden Sie Hilfe

    • 110
      Polizei-Notruf

      Sie werden akut bedroht? Oder jemand in Ihrem Umfeld? Rufen Sie sofort die Polizei.